Der Bundesrat hat dem Betriebsrentenstärkungsgesetz zugestimmt!
Am 4. November 2016 haben das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Finanzen mit dem
Referentenentwurf zum Betriebsrentenstärkungsgesetz eine erste Maßnahme zur Umsetzung ihres Vorhabens aus dem Koalitionsvertrag
von 2013, einer Erhöhung des Verbreitungsgrades der betrieblichen Altersversorgung in kleinen und mittleren Unternehmen und bei
Geringverdienern, veröffentlicht. Nach diversen Stellungnahmen Externer und Diskussionen in den Bundestagsausschüssen wurde der
Gesetzesentwurf am 1. Juni 2017 im Bundestag verabschiedet. Mit der Zustimmung des Bundesrates am 7. Juli 2017 ist das
parlamentarische Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen. Nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt wird das
Betriebsrentenstärkungsgesetz wie geplant zum 1. Januar 2018 in Kraft treten.
Beim Betriebsrentenstärkungsgesetz handelt es sich nicht um ein eigenständiges Regelwerk, vielmehr werden mehrere Gesetze zu
folgenden Themengebieten durch dieses Gesetz geändert und ergänzt:
Die wesentlichen Inhalte im Überblick:
- Möglichkeit zur Einführung einer reinen Beitragszusage über Tarifverträge
- Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung
- Entgeltumwandlungs-Automatismus mit opting-out auf tarifvertraglicher Basis möglich
- Einführung eines bAV-Förderbetrags für Geringverdiener
- Erhöhung des steuerfreien Dotierungsrahmens
- Verbesserungen bei der (betrieblichen) Riester-Rente
- Einführung eines Freibetrags in der Grundsicherung/Sozialhilfe
- Rückwirkende Geltung der „Escape-Klausel“ für § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG
Auf die genannten Inhalte gehen wir im Folgenden detaillierter ein.
Möglichkeit zur Einführung einer reinen Beitragszusage über Tarifverträge
Eine betriebliche Altersversorgung liegt künftig auch dann vor, wenn auf Basis eines Tarifvertrags eine reine Beitragszusage
erteilt wird, die lebenslange Leistungen vorsieht („Sozialpartnermodell“). Dabei dürfen weder der Arbeitgeber noch die
Versorgungseinrichtung eine bestimmte Höhe einer Versorgungsleistung zusagen oder garantieren. Die Pflicht des Arbeitgebers
beschränkt sich auf die Zahlung des zugesagten Beitrags an eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung,
eine Einstandspflicht des Arbeitgebers für die daraus resultierende Leistung besteht nicht. Durch die chancenorientiertere
Kapitalanlage sollen eine höhere Ausgangsrente erzielt und eventuelle Schwankungen der monatlichen Rente durch eine
risikoadjustierte Kapitalanlage möglichst vermieden werden.
Die Rentenhöhe ergibt sich aus der Verrentung des bei Eintritt des Versorgungsfalls vorhandenen Versorgungskapitals, das aus den
eingezahlten Beiträgen und den daraus erzielten Erträgen aufgebaut wird. Dabei ist die Anwartschaft auf Altersrente sofort
unverfallbar. Zur Absicherung der Rente soll ein Sicherungsbeitrag des Arbeitgebers im Tarifvertrag vereinbart werden.
Die Tarifvertragsparteien müssen - sofern sie eine reine Beitragszusage einführen wollen - im Tarifvertrag die Details der reinen
Beitragszusage regeln und sich an der Durchführung sowie Steuerung der reinen Beitragszusage beteiligen, in dem sie z.B. im
Aufsichtsrat oder anderen Gremien der Versorgungseinrichtung vertreten sind und damit hinreichende Einflussmöglichkeiten haben.
Die im Rahmen von Tarifverträgen bereits bestehenden Betriebsrentensysteme sollen von den Tarifvertragsparteien dabei angemessen
berücksichtigt werden. Sie müssen insbesondere prüfen, ob z.B. durch eine Betriebsvereinbarung tarifvertraglich vereinbarte
Beiträge für eine reine Beitragszusage für eine andere nach diesem Gesetz zulässige Zusageart verwendet werden dürfen.
Nichttarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer können die Anwendung der einschlägigen tariflichen Regelungen vereinbaren.
Die Tarifvertragsparteien sollen diesen weder den Zugang zur durchführenden Versorgungseinrichtung verwehren noch hierfür
nachteilige Konditionen vorgeben, sofern diese nicht sachlich begründet sind.
Die Höchster Pensionskasse VVaG wird einen Tarif zur Umsetzung der reinen Beitragszusage anbieten, um Tarifvertragsparteien der
jeweiligen Branche ein passgenaues Modell zur Verfügung stellen zu können, wenn diese sich für die Nutzung der reinen
Beitragszusage entscheiden.
Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss bei Entgeltumwandlung
Soweit bei einer Entgeltumwandlung im Rahmen einer reinen Beitragszusage Sozialversicherungsbeiträge eingespart werden, muss der
Tarifvertrag einen Arbeitgeberzuschuss von 15 % des umgewandelten Entgelts vorsehen.
Darüber hinaus ist unabhängig von der Zusageart generell im Falle einer Ersparnis von SV-Beiträgen bei Entgeltumwandlung in den
Durchführungswegen Pensionskasse, Pensionsfonds und Direktversicherung ab 2019 die Weitergabe eines zusätzlichen
Arbeitgeberzuschusses von 15 % des umgewandelten Entgelts verpflichtend; für Vereinbarungen vor 2019 gilt diese
Regelung erst ab 2022. Diese Vorgabe ist jedoch tarifdispositiv, so dass bestehende, für die Beschäftigten ggf. ungünstigere
tarifliche Regelungen gültig bleiben.
Sowohl der Arbeitgeberzuschuss bei der reinen Beitragszusage als auch der generelle Arbeitgeberzuschuss unterliegen den gleichen
steuerlichen Regelungen wie die übrigen mittels Entgeltumwandlung finanzierten Beiträge an eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds
oder eine Direktversicherung (v.a. § 3 Nr. 63 EStG).
Entgeltumwandlungs-Automatismus mit opting-out auf tarifvertraglicher Basis möglich
In einem Tarifvertrag oder, sofern der Tarifvertrag dies zulässt, in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann die Einführung
einer automatischen Entgeltumwandlung für alle oder eine Gruppe von Arbeitnehmern geregelt werden, gegen die der Arbeitnehmer ein
Widerspruchsrecht hat (Optionssystem). Dieses Widerspruchsrecht kann der Arbeitnehmer ohne Angabe von Gründen innerhalb von
mindestens einem Monat nach Erhalt des Angebots zur automatischen Entgeltumwandlung ausüben; die Entgeltumwandlung kann mit
einer Frist von höchstens einem Monat beendet werden. Das Angebot des Arbeitgebers auf Entgeltumwandlung muss in Textform mindestens
drei Monate vor der ersten Fälligkeit erfolgen und deutlich darauf hinweisen, welcher Betrag und welcher Vergütungsbestandteil
umgewandelt werden soll und welche Widerrufsfristen gelten.
Ein solcher Tarifvertrag kann alle Arbeitgeber im Zuständigkeitsbereich verpflichten, ein Optionssystem einzuführen, er kann aber
auch lediglich die Möglichkeit einräumen, solche Systeme unter den Bedingungen einzuführen, die der Tarifvertrag festlegt.
Nichttarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer können ein einschlägiges tarifvertragliches Optionssystem anwenden.
Einführung eines bAV-Förderbetrags für Geringverdiener
Arbeitgeber, die zum Lohnsteuerabzug verpflichtet sind, erhalten einen bAV-Förderbetrag, wenn sie ab 2018 Geringverdienern einen
Zuschuss zur betrieblichen Altersversorgung gewähren. Dabei werden Arbeitgeberzuschüsse von mindestens 240 € bis höchstens 480 € pro
Kalenderjahr berücksichtigt, die an eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder in eine Direktversicherung gezahlt werden.
Der Arbeitgeber erhält 30 % des Arbeitgeberzuschusses (d.h. zwischen 72 € und 144 €) über eine Verrechnung mit der abzuführenden
Lohnsteuer zurück. Es ist erforderlich, dass es sich um einen originären Arbeitgeberbeitrag handelt, der zum ohnehin geschuldeten
Arbeitslohn gewährt wird; eine Entgeltumwandlung wird hiermit nicht gefördert.
Beim Arbeitnehmer muss ein erstes Dienstverhältnis vorliegen und sein lohnsteuerpflichtiges Entgelt darf 2.200 € mtl. bzw. 26.400 €
jährlich nicht übersteigen. Maßgeblich ist jeweils das Entgelt im Monat der Beitragszahlung. Der Arbeitgeberbeitrag im Rahmen des
Fördermodells (bis zu 480 € jährlich) unterliegt nicht der Steuerpflicht, d.h. steuerlich erfolgt keine Anrechnung auf andere
Beiträge im Rahmen des § 3 Nr. 63 EStG sowie auf die Riester-Förderung. Hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht ist die
einheitliche Grenze von insgesamt 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (RV-BBG) zu beachten.
Der bAV-Förderbetrag kann auch für bereits bestehende Zusagen mit folgender Einschränkung in Anspruch genommen werden: Wurde bereits
im Jahr 2016 ein zusätzlicher Arbeitgeberbeitrag in eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung geleistet,
ist der bAV-Förderbetrag auf den Betrag beschränkt, den der Arbeitgeber darüber hinaus leistet.
Hat ein Arbeitgeber beispielsweise im Jahr 2016 einen Beitrag von 200 € für einen Geringverdiener in eine Pensionskasse eingezahlt
und erhöht er diesen Beitrag ab 2018 auf 300 €, ergibt sich ein bAV-Förderbetrag von 90 € (30 % von 300 €). Eine Limitierung ist
nicht erforderlich, da der Beitrag um 100 € (300 € - 200 €) erhöht wurde.
Erhöhung des steuerfreien Dotierungsrahmens
Der steuerfreie Dotierungsrahmen nach § 3 Nr. 63 EStG wird auf 8 % der RV-BBG pro Kalenderjahr ausgeweitet; der Höchstbetrag für
die Sozialversicherungsfreiheit der Beiträge verbleibt allerdings bei 4 % der RV-BBG. Im Gegenzug entfällt ab 2018 der zusätzliche
Höchstbetrag von 1.800 € für Neuzusagen ab 2005. Beiträge, die nach § 40b EStG a.F. versteuert werden, sind auf den steuerfreien
Rahmen anzurechnen. Die Abgrenzung zwischen Alt- und Neuzusage entfällt künftig. Maßgeblich ist, dass mindestens ein Beitrag
nach § 40b EStG a.F. vor 2018 versteuert wurde.
Sofern im Tarifvertrag zur reinen Beitragszusage ein Sicherungsbeitrag vereinbart ist, der nicht unmittelbar dem einzelnen
Arbeitnehmer zugerechnet wird, wird dieser nicht dem § 3 Nr. 63 EStG, sondern dem § 3 Nr. 63a EStG zugeordnet; es erfolgt somit
keine Anrechnung auf diesen steuerfreien Dotierungsrahmen.
Darüber hinaus kann bei Ausscheiden aus dem Unternehmen für einen Arbeitnehmer ein Betrag von 4 % der RV-BBG multipliziert mit der
Anzahl der Kalenderjahre, in denen das Dienstverhältnis bestanden hat (maximal zehn Jahre), steuerfrei für Zwecke der betrieblichen
Altersversorgung verwendet werden. Auch Nachzahlungen für Zeiten eines ruhenden ersten Dienstverhältnisses können in Höhe von 8 % der
RV-BBG multipliziert mit der Anzahl der vollen Kalenderjahre des Ruhens (maximal zehn Jahre) zugunsten einer kapitalgedeckten
betrieblichen Altersversorgung vorgenommen werden.
Verbesserungen bei der (betrieblichen) Riester-Rente
Für betriebliche Riester-Renten entfällt in der Leistungsphase die Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken- und sozialen
Pflegeversicherung der Rentner; sie werden damit privaten Riester-Renten gleichgestellt. Zusätzlich wird die Grundzulage der
Riester-Förderung ab 2018 auf 175 € erhöht. Damit wird die Attraktivität der betrieblichen Riester-Rente deutlich erhöht.
Einführung eines Freibetrags in der Grundsicherung/Sozialhilfe
Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bleibt ein Betrag von monatlich 100 € aus einer zusätzlichen Altersvorsorge
zuzüglich 30 % des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, höchstens jedoch 50 % der
Regelbedarfsstufe 1, insgesamt rd. 200 € monatlich, außer Betracht. Zur zusätzlichen Altersvorsorge zählen bis zum Lebensende
und ohne Kapitalwahlrecht monatlich zu zahlende Leistungen aus u.a. betrieblicher Altersversorgung und privaten Riester-Verträgen.
Rückwirkende Geltung der „Escape-Klausel“
Nach den Regelungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG („Escape-Klausel“) entfällt die Anpassungsprüfungspflicht des Arbeitgebers bereits
dann, wenn die betriebliche Altersversorgung u.a. über eine Pensionskasse organisiert wird und sämtliche auf den Rentenbestand
entfallenden Überschussanteile zur Erhöhung der Renten verwendet werden. Mit der Ergänzung im Gesetz wird nun nochmals
klargestellt, dass diese Regelung grundsätzlich auch für Anpassungszeiträume gilt, die vor 2016 liegen.
Bitte beachten Sie auch unsere Präsentation zum Betriebsrentenstärkungsgesetz.
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde mittlerweile im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und finden Sie hier
Bei Fragen zum Betriebsrentenstärkungsgesetz können Sie sich jederzeit an unsere Mitarbeiter des BAV-Service wenden.